Das Wochenende verbrachte ich auf einem Gesundheits-Kongress samt Ausstellung. Zwischen den Vorträgen durchforstete ich das Angebot der Aussteller. Ich bin stets neugierig auf aktuelle Ideen des Abnehmmarktes. Ein Anbieter hatte ein Produkt entworfen und dazu auch die passende Methode parat. Die Philosophie ist folgende: einen Tag normal essen und einen Tag lang fasten. So weit nix Neues. Doch am Fastentag sollten Presslinge in der Größe der alten 5-DM Münzen verzehrt werden, indem man sie einfach im Mund zergehen lässt. Der Verkäufer bot mir eine Geschmacksprobe an. Ich wählte Ananas und legte los mit dem Lutschen und Speicheln. Ja, für Euch, liebe Leserinnen und Leser, bin ich schon mal mutig. 🙂
Kennt jemand den bereits sehr alten Gag von Otto Waalkes von der Schmerztablette? Falls nicht, hier ein kleiner Auszug:
Schmerztablette?
„Ja, und der Schmerz sollte sich nicht nur im Kopf
abspielen, sondern auch auf den Magen schlagen, dass einem
so richtig *würg*…
– Ich lege großen Wert auf die Sofortwirkung. Was nützt
mir die beste Schmerztablette, wenn’s erst eine halbe Stunde
später wehtut?
– Und teuer muss sie sein, und dick und groß, damit’s
einem schon beim Schlucken wehtut! Der Mund, der Hals, der
Bauch, einfach alles!
Irgendwie musste ich spontan an Ottos Gag denken….
Kaum hatte ich den beigen und geruchsfreien Pressling aus Sojaeiweiß – Tablette würde ich das Ding nicht nennen – im Mund, wusste ich: das kann man der Welt nicht anbieten. Nun die sensorische subjektive Würdigung meinerseits:
der gesamte Mundraum wird durch den Pressling vom Gefühl her so besetzt, dass außer zu speicheln nichts mehr geht. Nach ca. einer Minute löst sich zaghaft die obere Schicht des Presslings. Als Geschmack hatte ich Ananas gewählt und es schmeckte auch ein wenig nach Ananas. Insgesamt war ich dann ca. 10 Minuten mit dem Verzehr beschäftigt. Zuletzt zersetzte sich das Riesenbonbon dann doch.
Meine Zusammenfassung: geschmacklich gibt es schlimmeres aber auch besseres. Bei empfindlichen Menschen kann ein Würgereiz ausgelöst werden. Optik und Größe erwecken nicht gerade Lust auf den Verzehr. Im Abgang ist so ein Teil zumindest nicht sandig und hinterlässt keinen fiesen Nachgeschmack.
Teuer ist das Produkt natürlich auch. Der Aussteller rechnete mir irgendein tägliches Budgetmodell für Lebensmittel vor. Standard Verkaufsgeplänkel eben. Ich ließ seine Berechnung einfach mal im Raum stehen.
Ich finde, dass allein Geschmack, Optik und Größe des Produkts für den verzweifelten von Übergewicht geplagten Kunden eine Bestrafung darstellen.
Du hast zu viel auf den Rippen. Nun musst Du durch den Verlust von Genuss büßen.
Zudem ist solch ein „Tagesfasten“ nicht für jeden machbar und auch nicht empfehlenswert.
Immerhin war der Hersteller so offen darzustellen, dass das Produkt für einen Gewichtsverlust von 2 – max. 5 kg geeignet wäre über einen Monat hinweg.
Was ich zur Methode meine:
Menschen mit Übergewicht können Verlustgefühle entwickeln und dadurch Heihungerattacken und würden eventuell getriggert, am Ess-Tag für den nächsten Tag auf Vorrat vorzuessen. Ein natürlicher Hunger-Sättigungs-Zyklus wird nicht gelehrt und kann natürlich nicht gelernt werden. Übergewicht wird nicht ganzheitlich angegangen, sondern allein das „falsche“ Essen wird als Ursache dargestellt.
Wer fasten möchte, darf dies gerne tun. Fasten ist allerdings ein sogenanntes Gesundheitserlebnis, das zwar verschiedene positive Prozesse anstößt, doch kein Mittel zur nachhaltigen und dauerhaften Reduzierung von Übergewicht ist. Unerfahrene suchen sich am besten einen geeigneten Fastenkurs und wer gesundheitliche Bedenken hat, frage bitte zuerst seinen Arzt oder Heilpraktiker.
Das Rad der Diätmittelchen wird sich weiter drehen und es werden bestimmt weitere kuriose Produkte und Methoden auf den Markt kommen.
Ich bin gespannt!