Als Therapeutin beschäftige ich mich seit längerem mit der Behandlung von Zwangserkrankungen, insbesondere von Zwangsgedanken. In diesem Blogartikel möchte ich mich daher diesem Thema widmen.
Um ein besseres Verständnis für das Mysterium der Zwänge zu vermitteln und Mut zu machen, lasse ich auch eine anonymisierte Klientin zu Wort kommen, die von ihren persönlichen Erfahrungen berichtet.
Ich hoffe, dass nicht nur Betroffene, sondern auch interessierte Menschen und vor allem Angehörige diesen Artikel lesen werden, da diese oft ratlos und unsicher sind, wie sie mit der Erkrankung umgehen sollen.
Vielleicht kann dieser Artikel die eine oder andere Ermutigung oder Hilfestellung bieten, um sich seiner Erkrankung zu stellen oder offener damit umzugehen
oder auch anderen Menschen zu zeigen, wie sich die Belastung anfühlt und damit natürliche Grenzen zu setzen, falls nötig.
Aber legen wir jetzt erstmal los mit der Aussage von Xenia*, die erzählt, wie die Zwangserkrankung bei ihr anfing und wie sich dies für sie anfühlte.
Dieser Welttag wurde eingeführt, um aufzuklären und Verständnis zu schaffen.
„Es gibt keine Gesundheit ohne psychische Gesundheit“
WHO
Bemerkungen an Betroffene wie „Hab Dich nicht so.“, „Reiß Dich zusammen.“, „Nimm ein paar Pillen, dann ist es vorbei.“ oder „Du brauchst mal wieder Urlaub.“ treffen diese hart.
Erkrankte fühlen sich dann nicht ernst genommen und abgewertet.
Und dann beschließen sie zumeist, sich nicht mehr zu öffnen und leiden still vor sich hin.
Dass so eine hohe Dunkelziffer bei psychischen Erkrankungen besteht, kann man sich denken.
Auch Angehörige sind oft maßlos überfordert, wenn sie feststellen, dass ihr Nächster sich verändert, mit Dingen Probleme hat, die früher nicht relevant waren, sich zurückzieht, seltsame Stimmungen hat, sich vernachlässigt usw.
Mittlerweile öffnen sich immer mehr bekannte Persönlichkeiten und bekennen sich zu ihrer Problematik.
Der englische Prinz Harry setzt sich aktiv gegen die Stigmatisierung seelischer Erkrankungen ein und berichtet von seiner Therapieerfahrung und seinem Leiden. Dabei will er Mut machen, sich in Therapie zu begeben und erzählt freimütig, dass er auf diesem Wege sein Leben wieder in den Griff bekam.
Seelisch krank zu werden, kann theoretisch jedem passieren.
Egal, wie die jeweilige Belastung beschaffen ist: es ist für jeden Betroffenen wichtig, die Hintergründe zu kennen und sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mittlerweile gibt es sehr viel an Selbsthilfeliteratur zu sämtlichen Problematiken auf dem Buchmarkt.
Angehörige beteiligen sich idealerweise auch. Es ist wichtig, dass sie ebenfalls über die Erkrankung Bescheid wissen. Oft befinden sie sich in einem Zwiespalt: sie sehen sich in der Pflicht der aktiven Unterstützung , kommen dabei an Grenzen und verzweifeln.
Für Angehörige ist es essentiell, sich selbst unterstützen zu lassen, um ihre eigene seelische Gesundheit zu erhalten und bei aller Sorge die eigenen Grenzen zu erkennen und auch zu wahren. Sei es durch Gespräche, Coachings, Selbsthilfegruppen, Internetforen oder durch Lektüre.
Psychische Erkrankungen betreffen nicht nur den Einzelnen, sondern das gesamte System, in dem er steckt.
Aufklärung und Offenheit tragen daher dazu bei, Missverständnisse abzubauen und neue Einstellungen zu gewinnen.
Erkrankte tragen zumeist eine starke zusätzliche Bürde in Form von Schuld und Scham. Erfahren sie jedoch, dass ihre Umwelt sie weiterhin schätzt und ihnen weiterhin viel zutraut, kann dies ein wichtiger Faktor für ihre positive Entwicklung sein.
Jakob ist 51 und hat einen guten Job. Seine Eltern sind stolz auf ihn, er war schon immer klug und lernbegierig. Jakob besucht seine eine gute Stunde Fahrzeit entfernt lebenden Eltern nicht sehr häufig. Es ist bei seinen Eltern Sitte, wenn die Familie zu Besuch kommt, ein Festtagsessen zu kochen und dies gemeinsam zu genießen.
Jakob kann diese Mahlzeiten schon lange nicht mehr tolerieren. Eine Zeit lang reduzierte er seine Besuche auf ein Mindestmaß, um nicht an den Festmahlen teilnehmen zu müssen. Mittlerweile ist sein Vater nicht mehr beweglich und Jakob kann ihn nur noch sehen, wenn er zu ihm fährt.
Jakob kam auf die Idee, seiner Mutter genaue Anweisungen zu geben, was sie für ihn zu kochen habe. Er stellte eine Liste der Lebensmittel auf, die verwendet werden dürfen. Fett und Zucker sind für ihn tabu und er sendet seiner Mutter Rezepte zu, nach denen sie für ihn kochen darf, denn falls nicht, würde er nichts essen und eventuell auch gar nicht mehr zum Besuch erscheinen.
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